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09 Jul 2025

Letzte Chance für einen Ausweg – Trump, Netanyahu und der drohende Abnutzungskrieg in Gaza

US-Präsident Donald Trump empfing Israels Premierminister Benjamin Netanyahu zu gleich zwei Treffen im Weißen Haus – ein klares Zeichen der Verbundenheit. Doch die große politische Geste blieb ohne Durchbruch: Keine gemeinsame Erklärung, kein greifbarer Fortschritt bei den Verhandlungen um eine Waffenruhe und die Freilassung der Geiseln in Gaza. Hinter den Kulissen aber setzt Washington alles daran, den Krieg zu beenden – bevor er sich zu einem strategischen Desaster entwickelt.

Waffenruhe? Noch nicht greifbar

Während Trumps Sondergesandter Steve Witkoff seine Reise nach Doha kurzfristig verschob, versichert man im Umfeld des Weißen Hauses, dass die USA weiter auf eine Einigung hinarbeiten. Trump wolle den Krieg beenden und bereite im Hintergrund eine umfassende Normalisierungsinitiative vor, auch mit Blick auf Saudi-Arabien. Ein Waffenstillstand sei dabei zentral. Doch zwischen Israel und der Hamas bestehen weiterhin Differenzen über humanitäre Zugänge, Geiselnamen und die Nachkriegsordnung in Gaza.

Israels innenpolitische Zwangslage

Netanyahu selbst signalisiert Bereitschaft zur Waffenruhe, kann sich aber innenpolitisch kaum bewegen. Rechte Koalitionspartner wie Smotrich und Ben-Gvir lehnen eine Einigung mit der Hamas grundsätzlich ab und fordern stattdessen eine militärische Kontrolle über den Gazastreifen. Diese Debatte lähmt Israels Handlungsspielraum, und verstärkt die Gefahr eines langfristigen Abnutzungskriegs.

Die Vietnam-Analogie

Immer lauter wird in Israel die Sorge vor einer „Vietnamisierung“ des Gaza-Kriegs. Seit März wurden zahlreiche Hamas-Strukturen zerstört, doch die Kosten sind hoch: Mehr als 30 israelische Soldaten sind allein seit Juni gefallen. Der tödliche Hinterhalt von Beit Hanoun, keine zwei Kilometer von der Grenze entfernt, zeigt: Die Hamas bleibt kampffähig, auch in Gebieten, die Israel längst kontrolliert wähnte.

Slogans wie „Hamas darf Gaza nicht mehr regieren“ oder „Wir hören erst auf, wenn sie entwaffnet sind“ klingen gut, doch sie führen ins Leere. Ohne dauerhafte militärische Präsenz wird sich die Entwaffnung kaum durchsetzen lassen, und eine israelische Militärverwaltung in Gaza birgt neue Risiken. „Bleiben“ heißt in diesem Szenario: Zielscheibe sein.

Trumps Druck – und Netanyahus Spielraum

Trump nutzt seine starke Position, um Netanyahu zum Handeln zu bewegen. Die symbolische Umarmung, das gemeinsame Foto unter dem „FIGHT! FIGHT! FIGHT!“-Plakat – all das unterstreicht den Schulterschluss. Doch hinter den Kulissen setzt Washington Israel unter Druck, endlich eine tragfähige Nachkriegsordnung zu entwickeln. Trump selbst soll in Doha als Garant eines möglichen Abkommens auftreten.

Gleichzeitig dient ihm die israelische Unterstützung als politisches Kapital. Netanyahus Vorschlag, Trump für den Friedensnobelpreis zu nominieren, wirkt dabei eher symbolisch – angesichts des global umstrittenen Ansehens beider Politiker.

Ein Ausweg – oder ein Fehler

Die Idee, in Rafah eine „humanitäre Stadt“ aufzubauen, in der Palästinenser gescreent werden sollen, klingt technisch – ist aber politisch hochbrisant. Wer soll das organisieren, bezahlen, schützen? Wer garantiert, dass Hamas nicht zurückkehrt? Die Antworten bleiben vage.

Netanyahu scheint auf Zeit zu spielen – im Inneren wie nach außen. Doch Zeit arbeitet gegen ihn. Ohne klare Strategie droht Israel, sich in einem langwierigen, verlustreichen Konflikt zu verfangen, der die Gesellschaft zermürbt, die Armee überfordert und Hamas langfristig sogar nützt.

Fazit: Trump könnte tatsächlich Israels letzte Chance sein, den Gaza-Krieg noch auf politischem Weg zu beenden. Bleibt dieser Durchbruch aus, droht ein Szenario, das dem Vietnam der USA näherkommt als jedem „Sieg gegen den Terror“.

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