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26 May 2025
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Israels gigantische Wasser-Autobahn, ein Beispiel für Deutschland?

von Benjamin

Wie ein Wüstenstaat zum Wasser-Exporteur wurde

Wasserknappheit gehört weltweit zu den größten Herausforderungen unserer Zeit. Israel, ein Land mit heißen, trockenen Sommern und wenig Niederschlag, war lange davon besonders betroffen. Seit seiner Gründung 1948 kämpfte der Staat mit chronischem Wassermangel. Heute aber produziert Israel rund 20 Prozent mehr Wasser, als es selbst benötigt – und exportiert sogar Technologie und Know-how in andere Länder.

Der Weg dorthin war ein Kraftakt. Herzstück dieser Entwicklung ist ein beeindruckendes Wasserinfrastrukturprojekt: die sogenannte Wasser-Autobahn. Sie steht heute sinnbildlich für Innovationskraft, technischen Mut und strategisches Denken.

Die Geschichte einer mutigen Vision

Schon in den 1930er-Jahren entwickelte der britische Ingenieur Walter Clay Lowdermilk die Idee, Wasser aus dem Jordangebiet in den trockenen Süden Israels umzuleiten. Jahrzehnte später griff das junge Israel diese Vision wieder auf. 1953 begann der Bau des Nationalen Wasserträgers – ein System aus Kanälen, Tunneln, Rohren und Pumpstationen, das sich über 130 Kilometer vom See Genezareth bis in die Negev-Wüste zieht.

Die Umsetzung war riskant und teuer. Israel ging hohe Schulden ein, um das Projekt zu finanzieren. Doch die Investition zahlte sich aus: Mit dem Wasser aus dem Norden konnten ganze Regionen im Süden erschlossen und landwirtschaftlich genutzt werden.

Ein technisches Meisterwerk

Der Wasserträger beginnt am See Genezareth, wo das Wasser mit starken Pumpen auf über 200 Meter über Meereshöhe gehoben wird. Von dort fließt es durch Tunnel und Kanäle, darunter der 17 Kilometer lange Eshkol-Tunnel – einst der längste Wassertunnel der Welt. Im Eshkol-Reservoir wird das Wasser gereinigt, bevor es weiter durch die Landesmitte in Richtung Süden geleitet wird.

Ein ausgeklügeltes Verteilersystem versorgt unterwegs Städte, Dörfer und Felder. Gleichzeitig wurde darauf geachtet, das ökologische Gleichgewicht im See Genezareth nicht zu gefährden.

Vom Agrarland zur regionalen Wasserquelle

In den Anfangsjahren floss der Großteil des Wassers in die Landwirtschaft. Doch mit der Zeit stieg der Anteil des Trinkwassers. In den 1990er-Jahren deckte der Nationale Wasserträger bereits rund die Hälfte des israelischen Trinkwasserbedarfs. Auch Nachbarländer wie Jordanien profitieren – Israel liefert jährlich bis zu 50 Millionen Kubikmeter Wasser dorthin.

Doch der See Genezareth ist empfindlich. Eine lange Dürreperiode ab 2012 ließ den Wasserstand dramatisch sinken. Israel musste erneut umdenken – und fand die Lösung im Meer.

 

Aus Salzwasser wird Lebenswasser

Entsalzungsanlagen entlang der Mittelmeerküste wurden zum neuen Hoffnungsträger. Das Prinzip: Meerwasser wird gefiltert, Salze und Mineralien entfernt, und das gereinigte Wasser kann dann genutzt werden – für Haushalte, Landwirtschaft und Industrie. Bereits in den 1960er-Jahren experimentierte Israel mit Umkehrosmose. Anfang der 2000er folgte der große Durchbruch mit der Anlage in Aschkelon.

Heute decken Entsalzungsanlagen rund 80 Prozent des israelischen Trinkwasserbedarfs. Und seit 2022 geschieht weltweit Einzigartiges: Entsalztes Wasser wird in den See Genezareth zurückgeleitet, um dessen Pegel zu stabilisieren. Dafür wurde eine 13 Kilometer lange Leitung verlegt, die die Entsalzungsinfrastruktur mit dem See verbindet.

Kreislaufwirtschaft und Hightech-Bewässerung

Neben der Entsalzung verfolgt Israel auch andere Wege. Über 90 Prozent des Abwassers werden heute aufbereitet und wiederverwendet – vor allem für die Bewässerung im Süden. Herzstück dieses Systems ist die Kläranlage im Dan-Gebiet bei Tel Aviv.

Zudem setzt das Land konsequent auf Tröpfchenbewässerung: Wasser gelangt direkt an die Wurzel, statt zu verdunsten. Dadurch kann mit weniger Wasser mehr angebaut werden – eine Schlüsseltechnologie für die Landwirtschaft in trockenen Regionen.

Wissen, das die Welt verändert

Israels Wassermanagement gilt heute als Vorbild. Unternehmen wie IDE Technologies, Netafim und Mekorot sind weltweit aktiv – in Indien, China, Australien und den USA. Sie helfen anderen Ländern, mit Wasserknappheit umzugehen.

Doch die Herausforderungen bleiben. Der Klimawandel bringt häufiger Dürre, geopolitische Spannungen rund um den Jordan sorgen für Unsicherheit. Israel investiert deshalb weiter in Forschung – etwa in solarbetriebene Entsalzung, Wassergewinnung aus der Luft oder neue Recyclingtechnologien.

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