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17 May 2025

Das Kopftuch im Judentum – Ein Symbol der Zniut

von Alexandra

Als ich vor etwa 21 Jahren nach Israel gezogen bin, fielen mir unter anderem die Frauen auf, die ein Kopftuch trugen. Ich war fasziniert von den vielen verschiedenen Variationen. Das hat mich zum Nachdenken gebracht, warum in diesem doch auch so liberalen Land so viele Frauen freiwillig ihren Kopf bedecken.

Inzwischen habe ich den Grund herausgefunden und trage gelegentlich auch ein Kopftuch aus Überzeugung und weil ich es einfach sehr schön finde. Gerne möchte ich meine Erfahrung und das Wissen darüber hier teilen.

Zum Hintergrund und den religiösen Grundlagen

Im Judentum ist das Tragen einer Kopfbedeckung, eines Tichel oder Mitpachat, ein Toragesetz und zugleich ein Brauch im Rahmen der Zniut, also der Sittsamkeit. Es handelt sich um eine Pflicht für verheiratete Frauen, die die Verbindung zu ihrem Ehemann und ihre religiöse Überzeugung sichtbar machen soll.

Der biblische Ursprung des Kopftuches

Der erste bekannte biblische Bezug ist im 1. Buch Mose zu finden. Kapitel 24, Verse 64 bis 65 berichten:
„Rebekka hob die Augen auf und sah Isaak. Sie ließ sich vom Kamel herunter und fragte den Knecht: Wer ist das Männlein dort, das uns begegnet im Feld? Der Knecht antwortete: Das ist mein Herr. Da nahm sie den Schleier und verhüllte sich.“

Dieses Beispiel zeigt, dass das Bedecken des Kopfes bereits in der Antike eine bedeutende Rolle spielte, vor allem für verheiratete Frauen, die durch den Schleier ihre Ehestatus symbolisierten und ihre Bescheidenheit zum Ausdruck brachten.

Das Haar als sinnliches Symbol in der Hebräischen Literatur

Im Hohelied, Kapitel 6, Vers 5, heißt es:
„Deine Locken sind wie eine Herde Ziegen, die an den Hang heranwachsen.“

Hier wird das Haar in einer poetischen Sprache als etwas äußerst Sinnliches beschrieben. Das Bedecken der Haare sollte die private Sphäre der Frau schützen und nur dem Ehemann vorbehalten sein. Es schafft eine klare Grenze zwischen Privatleben und öffentlichem Raum, ein wichtiger Bestandteil der Zniut.

Historische Entwicklung des Haarbedeckens

Der Brauch, die Haare zu bedecken, entwickelte sich im 15. Jahrhundert. Seitdem ist der Gebrauch bei orthodoxen Frauen weit verbreitet. Besonders in den strenggläubigen chassidischen Gemeinden, die im 18. Jahrhundert in Osteuropa entstanden, war es üblich, bei Hochzeiten alle Haare abzuschneiden und anschließend ein Tichel oder andere Kopfbedeckungen zu tragen.

Fragen und Überlegungen: Warum rasiert man sich die Haare? Warum tragen Frauen Perücken?

Beim intensiveren Beschäftigen mit diesem Thema tauchen Fragen auf: Warum rasieren sich Frauen die Haare, um dann Perücken aus Echthaar zu tragen? Warum werden die Haare kurz geschnitten, obwohl sie beim Bedecken ohnehin verborgen sind? Warum ist es erlaubt, Perücken zu tragen, die den Brauch außer Kraft setzen?

Diese Fragen sind nicht nur praktische, sondern auch tief religiöse und kulturelle Überlegungen. Manche Interpretationen sehen das RASIEREN der Haare als Zeichen rein religiöser Verpflichtung, andere wiederum als Kulturtradition. Es gibt unterschiedliche Meinungen, und dieses Thema ist Gegenstand lebhafter Diskussionen innerhalb der Gemeinschaft.

Das Wort Tichel – Vielfalt und Bedeutung

Das Wort Tichel stammt aus dem Jiddischen und bedeutet schlicht „Tuch“. Bei jüdisch-orthodoxen Frauen reicht die Bandbreite der Tichels von einfachen, einfarbigen Baumwolltüchern, die rückseitig verknotet werden, bis hin zu kunstvoll geknüpften Kopfbedeckungen, die aufwendig arrangiert sind. Die Variationen spiegeln unterschiedliche Strömungen, kulturelle Hintergründe und individuelle Vorlieben wider.

Auszüge aus dem Talmud und andere Quellen

Im Talmud, Traktat Kesamim, wird das Bedecken des Kopfes nicht explizit als Pflicht erwähnt. Allerdings betont der Talmud in Traktat Berachot (24a), dass das Zeigen von Ehrfurcht und Demut vor Gott durch die geeignete Kleidung und das Bedecken des Kopfes Ausdruck findet. Es wird allgemein verstanden, dass das Bedecken des Kopfes ein Akt der Demut ist – gegenüber Gott und gegenüber dem Ehemann.

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