Das hört sich gut an, oder? Wenn dem denn so wäre :). Bei uns bedeutet das: an einem Sonntag auch mal keine gute Laune zu haben, oder auch „Sonntagsblues“ . Denn Sonntag ist in Israel der erste Tag der Woche.
Es ist Freitagmorgen und ich habe letzte Einkäufe vor dem Wochenende getätigt. Dem Inhaber habe ich einen „Shabbat Shalom“ gewünscht, was so viel bedeutet wie einen „friedvollen Shabbat“. Um 14:00 Uhr schließt er sein Geschäft, wie so viele andere Israelis auch. Sein aber auch mein Wochenende beginnt. Die meisten Israelis sind bereits am Donnerstagabend ins Wochenende gestartet.
Also: So gesehen starten wir einen Tag früher ins Wochenende, und während man sich in Deutschland am Sonntag erfreut, hat bei uns bereits die neue Woche begonnen. Wirklich besonders ist etwas anderes: Denn der Shabbat beginnt bereits am Freitagabend, wenn die ersten drei Sterne am Himmel stehen, und endet am Samstag zur gleichen Zeit.
Der Shabbat ist im Judentum der siebte Tag, ein Ruhetag, der auch in den Zehn Geboten (Exodus 20,8) festgelegt ist und bezieht sich auf den jüdischen Kalender. Übrigens hielten die Urchristen noch den Shabbat. Erst wesentlich später wurde der Sonntag zum Ruhetag im Christentum ernannt.
Ich brauchte meine Zeit mich umzugewöhnen. Sonntag klang in meinem Ohr nach Ruhetag. Sonntags arbeiten war insofern eine Umstellung, weil in der Regel niemand meine geschäftlichen E-Mails nach Deutschland beantwortet. Mittlerweile schätze ich die Vorzüge, nur wenige Mails am Sonntag zu bekommen.
Besonders Touristen merken schnell, was am Shabbat „geht“ und was nicht
Denn im Gegensatz zu Deutschland fahren am Ruhetag weder Züge oder Busse noch Straßenbahnen. Man nimmt den Ruhetag viel ernster als in Europa.
Da die Definition, was Ruhe und was Arbeit ist, von Juden unterschiedlich ausgelegt wird, gibt es für viele Geräte und Maschinen eine sogenannte Shabbat-Funktion.
So halten Aufzüge am Shabbat automatisch an jeder Etage, damit niemand einen Knopf drücken muss. Dieser Vorgang des Drückerauslösens inkl. des technischen Ablaufs ist für viele einArbeitsvorgang / bereits Arbeit.
Aus Verwunderung wurde Bewunderung
Es gibt vieles, über das ich im ersten Jahr verwundert war. Mittlerweile ist aus Verwunderung Bewunderung geworden. Denn in Israel hält man nicht nur konsequenter den Ruhetag ein, man füllt ihn mit Leben und Inhalt – vor allem mit der Familie. Das fängt bereits am Freitagabend an, wenn man sich im Kreise der Familie trifft und den Shabbat mit dem Shabbatsegen und einem Festmahl beginnt. (Eine intensive Zeit, die alle miteinbezieht.)
Generell kann man sagen: Shabbat ist Familienzeit, die man gemeinsam gestaltet. Wer an einem Shabbat einen Strand in Israel besucht, sieht ganze Generationen zusammenkommen und fröhlich den Shabbat verbringen.
Wir nehmen den Shabbat ernst, verbringen gemeinsame Zeit, ruhen, gehen so oft wir können in den Gottesdienst und nehmen uns Zeit für Gottes Wort. Sechs Tage drehen wir uns um uns, da können wir am siebten Tage Gott in den Fokus rücken, Zeit mit der Familie verbringen und den Ruhetag halten. Ohne den Shabbat, ohne den Sonntag, gibt es nur noch Werktage.
Feierabend und dir einen Shabbat Shalom
P.S.: Gerne feiern wir mit unseren Freunden aber auch Gästen in den Shabbat hinein. Wer nicht warten kann, dem empfehlen wir dieses Rezept für Challah-Brot.